KI im Unternehmen: Zwischen Effizienzgewinn und Vertrauensfrage

What do juTHINK?

Ausgabe 05_2025

Laut der McKinsey Global Survey 2025 setzen inzwischen über 75 % der Unternehmen weltweit Künstliche Intelligenz in mindestens einer Funktion ein.

Doch: Nur 1 % von ihnen gelten als wirklich „KI-reif“.

Was bedeutet das? Viele Unternehmen haben KI eingeführt – aber noch längst nicht verstanden, was sie kulturell, organisatorisch und strategisch wirklich brauchen.

 

Die große Lücke zwischen Technologieeinsatz und echtem Mehrwert bzw. der Wirkung dessen zeigt:

KI ist kein Plug-and-Play-System. Sie ist ein Transformationsprozess – technisch, kulturell und menschlich.

Was KI im Unternehmen leisten kann – und oft (noch) nicht tut

  1. Produktivität & Automatisierung
    Einer der größten Nutzen von KI liegt in der automatisierten Bearbeitung repetitiver Prozesse – von Dokumentenanalyse bis Kundenservice – bis zu 30 % effizienter.

  2. Bessere Entscheidungen
    Predictive Analytics auf Basis großer Datenmengen ermöglicht es, Marktverhalten oder Kundenbedarfe genauer zu prognostizieren – sofern Datenbasis und Zielsetzung klar definiert sind.

  3. Kundenfokus & Personalisierung
    KI kann Kundenerlebnisse verbessern – z.B. durch Chatbots, die 24/7 reagieren oder personalisierte Produktempfehlungen.

  4. Innovationsförderung
    Generative KI fördert Kreativität, wenn sie bewusst eingesetzt wird – z. B. beim Testen von Produktideen, Designentwürfen oder Content-Varianten im Marketing.

Aber:

Nur wer strategisch, verantwortungsvoll und kulturell reif mit KI umgeht, profitiert wirklich.

Die größten Stolpersteine: Warum viele Unternehmen in der „KI-Falle“ sitzen

  1. Verantwortung bleibt unklar

    KI verändert Rollen und Entscheidungslogiken. Wer trifft wann warum welche Entscheidung – Mensch oder Maschine? Ohne definierte Verantwortlichkeiten wächst das Risiko für Fehlentscheidungen und Vertrauensverlust. Wer trägt die Konsequenzen, wenn die KI falsch „entscheidet“?

  2. Technologiefokus statt Lernfokus

    Viele Organisationen führen KI ein, ohne bestehende Wissensprozesse zu hinterfragen oder anzupassen. KI kann nur dann wirksam sein, wenn sie in ein System eingebettet wird, das Lernen, Feedback und Weiterentwicklung ermöglicht.

  3. Sprache beeinflusst Haltung

    Wie intern über KI gesprochen wird, prägt ihre Wahrnehmung. Begriffe wie „smarter Kollege“ oder „Super-Tool“ erzeugen unbewusste Machtverschiebungen – weg vom Team, hin zur Technik. Eine reflektierte Sprache schafft Orientierung und Sicherheit.

5 Tipps für den KI-Einsatz im Unternehmen

  1. Pilotprojekte mit Sinn starten
    Nicht mit der „coolsten“ Anwendung beginnen, sondern mit einem klar messbaren Mehrwert – z. B. Meeting-Transkription, Texterstellung, Dokumentenanalyse oder Wissenssuche.

  2. KI mit organisationalem Lernen verknüpfen
    KI entfaltet nur dort Wirkung, wo menschliche Erfahrung und Datenqualität Hand in Hand gehen. Feedback- und Verbesserungsprozesse stärken nicht nur das System, sondern auch das Vertrauen in seine Nutzung.

  3. Sprachsensibilität fördern
    Schaffe eine bewusste Sprachkultur – z. B. „KI unterstützt“, statt „KI ersetzt“.

  4. Verantwortung explizit machen
    Entwickle gemeinsam mit Teams klare Rollenbilder, ethische Leitplanken und bedenke Datenschutzbestimmungen sowie weitere rechtliche Rahmenbedingungen. Wer prüft Ergebnisse? Wer übernimmt, wenn etwas schiefgeht? Diese Aspekte müssen geklärt sein.

  5. Qualifikationen aufbauen – für alle Ebenen
    Schulungen nur für IT? Fehlanzeige. Jeder Bereich braucht ein Grundverständnis, wie KI funktioniert – und wo sie Grenzen hat.

 

Fazit: KI im Unternehmen entfaltet ihr Potenzial nicht durch Technologie allein – sondern durch bewusste Gestaltung.

Es braucht eine Kombination aus Haltung, Struktur und Vertrauen. Wer KI einfach nur „einführt“, wird schnell an Grenzen stoßen. Wer dagegen Kultur, Kompetenz und Klarheit mitdenkt, kann mit KI nicht nur effizienter – sondern auch verantwortungsvoller arbeiten.

Quellen:

  • McKinsey & Company (2025). The State of AI: How Organizations Are Rewiring to Capture Value. McKinsey Global Survey 2025.

  • Gilardi, F., Kasirzadeh, A., Bernstein, A., Staab, S. & Gohdes, A. (2024). What are the dominant narratives about generative AI? Nature Human Behaviour.

  • Neue Narrative (2024). Wie Sprache die Arbeitswelt gestaltet. Magazinbeitrag, Neue Narrative.

  • Marr, B. (2020). Künstliche Intelligenz in Unternehmen. Weinheim: Wiley-VCH.

  • Bünnagel, W. (2021). Künstliche Intelligenz und Unternehmenswissen. Wiesbaden: Springer Gabler.

Zum Format juTHINK

juTHINK ist unsere Antwort auf die sich ständig wandelnden Herausforderungen und Chancen im Bereich HR und Organisationsentwicklung. In jeder Ausgabe von juTHINK wählen wir ein Thema aus, das aktuell und relevant für HR-Professionals und Führungskräfte ist. Unser Fokus liegt dabei auf einer Mischung aus Leichtigkeit und Informationsgehalt – wir bringen Ihnen die neuesten Trends und Entwicklungen näher. Ob es um neue Ansätze in der Mitarbeitendenführung, um die Gestaltung flexibler Arbeitsmodelle oder um die Einführung digitaler Tools geht – juTHINK ist Ihre Quelle für frische Ideen und praktische Lösungen, die Ihnen helfen, in der neuen Arbeitswelt auf dem Laufenden zu bleiben.

Weiter
Weiter

Hybride Teams: Haltung, Kultur und Leadership neu denken