CREATiv-Pause: Urlaub machen und wirklich abschalten

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Ausgabe 06_2025

Die Teams-Nachrichten noch checken, „nur kurz“ eine Mail beantworten oder abends die Präsentation für nächste Woche fertigstellen: Für viele hört die Arbeit auch im Urlaub nicht ganz auf. Dabei ist Abschalten kein Nice-to-have, sondern neuropsychologisch notwendig. Nur wer regelmäßig regeneriert, bleibt langfristig leistungsfähig und resilient. Doch Erholung gelingt nicht zufällig. Sie ist das Ergebnis von persönlicher Haltung und organisationaler Kultur.

Warum Abschalten heute so schwerfällt

In der modernen Arbeitswelt verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend. Besonders in hybriden oder digitalen Umgebungen fehlt oft das klare „Feierabend-Signal“. Fast 50 % der Mitarbeitenden berichten laut dem New Work-Barometer 2024, dass sie sich im Urlaub nicht vollständig von der Arbeit lösen können. Die Gründe sind vielfältig, von unerledigten Aufgaben über den Drang von Verantwortung zu einer fehlenden Vertretungsstruktur oder auch das unausgesprochene Gefühl: „Ich muss erreichbar sein“, besonders in Führungsrollen.

Was Erholung mit Leistung zu tun hat

Laut dem Future of Jobs Report 2025 des WEF gehört Resilienz zu den Top-Zukunftskompetenzen. Doch Resilienz entsteht nicht durch ständiges Funktionieren, sondern durch bewusste Regeneration. Neuropsychologische Studien zeigen, dass unser Gehirn erst durch Pausen kreativ denken, komplexe Probleme lösen und emotionale Stabilität aufbauen kann. Fehlende Erholung hingegen führt nachweislich zu Fehleranfälligkeit, Demotivation und höherem Krankheitsstand.

Der Schlüssel zur Erholung

Vier Aspekte wirken besonders stark auf unser Erholungsniveau, unabhängig von Urlaubsort oder -dauer:

  • Psychologische Ablösung, also innerlich abkoppeln von der Arbeit.

  • Entspannung, was sich auf die körperliche und emotionale Beruhigung bezieht.

  • Mastery, also neue, herausfordernde oder auch sinnvolle Erfahrungen oder Erlebnisse im Urlaub.

  • Kontrolle über die freie Zeit, wobei eine selbstbestimmte Tagesgestaltung gemeint ist.

Je mehr dieser Erlebnisse im Urlaub möglich sind, desto erfolgreicher ist die Erholung.

Tipps für Mitarbeitende: So gelingt das Abschalten im Urlaub

1. Vorbereitung ist (fast) alles
Kläre Übergaben, richte eine Abwesenheitsnotiz ein und lege klare Kommunikationsregeln für den Notfall fest.

2. Digitale Detox-Zeiten planen
Schalte Push-Nachrichten aus und entscheide dich bewusst für Nicht-Erreichbarkeit. Oder auch das Handy aus lassen, zumindest für definierte Zeitfenster.

3. Mentale Trennung üben
Formuliere aktiv: „Jetzt ist Urlaubszeit. Ich muss nichts kontrollieren.“ Selbstwirksamkeit beginnt im Kopf, deshalb helfen schon im Alltag kleine Rituale (z. B. ein Abendspaziergang), um die „Ablösefähigkeit“ zu trainieren.

4. Erlaubnis zur Erholung
Mach dir bewusst, dass du dir nicht erst verdient haben musst, Pause zu machen. Erholung ist die Voraussetzung für gute Arbeit und keine Belohnung danach.

Tipps für Unternehmen: Was Führung verändern kann

1. Psychologische Sicherheit fördern
Wenn Menschen glauben, dass Abschalten negativ bewertet wird, tun sie es nicht. Wobei dies oft an der Kultur liegt. Führungskräfte müssen deutlich signalisieren: „Erholung ist erwünscht.“ Dies stärkt nicht nur Resilienz, sondern auch Vertrauen.

2. Vorleben statt nur genehmigen
Wer als Führungskraft selbst erreichbar bleibt, sendet implizite Signale: „Abschalten ist eigentlich nicht ok.“ Setze bewusst Kontrapunkte.

3. Vertretung systematisch organisieren
Gute Übergabe, klare Dokumentation und kollektives Wissensmanagement machen Erholung erst möglich.

4. Kommunikation mit Klarheit
„Ich bin im Urlaub“ sollte ein vollständiger Satz sein und kein Halbsatz mit „aber ich bin erreichbar, falls …“.

Fazit: Urlaub ist keine Unterbrechung, sondern Teil der Leistung.

In einer Arbeitswelt, die sich ständig wandelt und hohe Anpassungsfähigkeit verlangt, wird Regeneration zur strategischen Ressource. Wer sich selbst und anderen den Raum gibt, regelmäßig abzuschalten, investiert nicht nur in Gesundheit, sondern in langfristige Leistungsfähigkeit. Urlaub ist keine Auszeit vom Job. Es ist eine Investition in gute Arbeit.

Quellen:

  • Sonnentag, S. & Fritz, C. (2015). The stressor–detachment model: A framework for understanding the benefits of psychological detachment from work during off-job time. Work & Stress, 29(1), 1–20.

  • Reif, M., Spieß, E. & Pfaffinger, K. (2021). Dealing with Stress in a Modern Work Environment. Springer.

  • Sonnentag, S. et al. (2022). Recovery experiences and health outcomes: A meta-analytic review. Journal of Occupational Health Psychology.

  • Business Insider (2025). Vacation guilt is out. Here's how to actually tune out work and enjoy your PTO.

  • Washington Post (2025). Why taking a vacation is good for you – for your heart, your mind and your job.

  • World Economic Forum (2025). Future of Jobs Report 2025. Genf.

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