2025 als Reality-Check: Fokusfelder für 2026

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Ausgabe 11_2025

Technologie entwickelt sich schneller, während Organisationen gleichzeitig nach Stabilität, Orientierung und Wirksamkeit suchen. Auf der einen Seite entstehen ständig neue Möglichkeiten, aber auf der anderen Seite wächst der Druck, im Alltag effizient zu sein, Teams handlungsfähig zu halten und Entscheidungen klar zu treffen. Um beides zu vereinen, braucht es passende Rahmenbedingungen.

Deshalb lassen sich aus 2025 fünf wesentliche Fokusfelder ableiten, die wir in 2026 gezielt berücksichtigen sollten.

1. AI wird in Workflows verankert

AI ist nicht mehr nur ein Innovationsthema, sondern wird zum Bestandteil des Workflows. Die Nachfrage verschiebt sich von AI erklären hin zu AI arbeitsfähig machen, also Use Cases priorisieren, Prozesse anpassen, Team-Skills aufbauen. Der Wert entsteht dort, wo AI verlässlich eingebettet ist, was eine Frage von Rollen und Verantwortlichkeiten, aber auch von Datenschutz, Nachvollziehbarkeit und vor allem Qualitätssicherung ist.

Viele Unternehmen kommen trotzdem nur zäh aus der Testphase. Umso wichtiger sind klare Einführungsprozesse und Ausbaustufen, also vom sicheren Start mit wenigen, passenden Anwendungsfällen bis zur schrittweisen Skalierung. So verhindert man, dass Frustration die Wirksamkeit ausbremst.

Tipps

  • AI-Richtlinien festlegen: Definiert, wofür ihr AI nutzt, wofür nicht und wer die Verantwortung für Ergebnisse trägt.

  • Use-Case-Matrix: Ordnet jeweilige Anwendungsfälle oder Systeme nach Impact (hoch/niedrig) und Risiko (hoch/niedrig) ein. Startet mit der Umsetzung von Maßnahmen mit hohem Impact und niedrigem Risiko.

  • Qualitäts-Check einführen: Prüft jede AI-Ausgabe mit den drei schnellen Checks. Welche Quelle steckt dahinter? Ist es plausibel? Welches Risiko entsteht daraus?

  • Ein Team-Standard statt 100 Einzellösungen: Einigt euch auf 1 bis 2 Tools, 3 bis 5 gemeinsame Guidelines und einen Feedback-Kanal, damit ein einheitliches Verständnis besteht.

2. Raum für Lernen im Arbeitsalltag

Jobs und Skills verändern sich immer schneller und Unternehmen reagieren mit Re- und Upskilling. Doch der Hebel liegt weniger in mehr Training, sondern in Lernen, das im Alltag wirklich nutzbar ist. Somit ist entscheidend, dass jenes praxisnah, passend zum Skill-Level und vom Zeitumfang realistisch geplant wird.

Viele Lerninitiativen scheitern nicht an Motivation, sondern daran, dass es als Zusatzaufgabe neben dem Tagesgeschäft läuft, was zu drei typischen Engpässen führt:

  1. Kein Zeitfenster → Lernen bleibt Zusatzlast

  2. Kein Anwendungsraum und Transfer → Inhalte können nicht genutzt werden

  3. Keine Unterstützung → Fehlender Austausch und Hilfestellungen bei Problemen

Tipps

  • Lernen mit direktem Praxisbezug: Die Entwicklung direkt an konkreten Arbeitsaufgaben ausrichten, z. B. für die Vorbereitung auf die Rolle als Projektleitung eine Projektmanagement-Schulung nutzen, sodass Instrumente (Planung, Status, Risiken, Stakeholder, …) im Alltag effizient angewendet werden können.

  • Lernzeit als realistisch definieren als Arbeitszeit: Es ist hilfreich z. B. 2-mal 20 Minuten pro Woche als Learning Slot festzulegen und genauso zu schützen wie andere Arbeitszeit. Ohne diesen Standard wird’s verdrängt.

  • Lernen auch on the job: Hospitation, Rotation, Shadowing sowie andere Formate bei dem vorhandenes Wissen von Kolleg:innen weitergegeben wird, sollten mehr mitgedacht werden. Auch beispielsweise ein quartalsweiser „Skills Share“, wo jeder Best Practices, Templates, Tool-Wissen, typische Stolpersteine und Lösungswege teilt.

  • Lernen aktiv thematisieren und Transfer-Check: Integration in Austauschformate und Teamrunden. Was haben wir ausprobiert? Was hat funktioniert? Was machen wir jetzt standardmäßig?

3. Standards schaffen Freiheit

„Wir brauchen mehr Flexibilität“ stimmt oft, aber jene entsteht nicht durch Beliebigkeit, sondern durch gute Standards. Wenn diese fehlen, kommt es zu unnötigen Nachfragen, Missverständnissen, Doppelarbeiten oder auch ständigen Unterbrechungen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern senkt auch Qualität und Verlässlichkeit, weil jeder sein eigenes System baut. Dennoch benötigen Teams keine 30-seitigen Regelwerke, sondern lieber 3 bis 5 einfache Vereinbarungen, die Orientierung bieten und somit entlasten.

 

Tipps

  • Startet mit nur 3 Team-Standards:

    1. Kommunikation: Wo gehört was hin (Chat, Mail, Meeting)?

    2. Entscheidungen: Wer entscheidet was und wie?

    3. Zusammenarbeit: Was ist „gute Übergabe“? Was heißt „fertig“?

  • Datenablage: Übersichtliche und klare Formulierung und so ablegen, dass alle Zugriff haben und entsprechende Informationen finden.

  • Regelmäßige Reflexion: Werden Standards so gelebt? Braucht es Anpassungen? Fehlen Aspekte oder wird es zu umfangreich?

4. Fokus und Entscheidungsfähigkeit stärken

Mit steigender Komplexität wird nicht noch mehr Abstimmung zum Erfolgsfaktor, sondern Fokus und Entscheidungsfähigkeit. In vielen Teams ist die Herausforderung nicht Engagement oder Kompetenz, sondern unklare Prioritäten, viele parallele Themen und Entscheidungen, die zu lange hängen. Dann wird alles wichtig, die Arbeit verteilt sich auf zu viele Baustellen und am Ende fühlt es sich nach viel Aktivität, aber wenig Fortschritt an.

Tipps

  • Wöchentliche Teammeetings: To do's der Woche mit jeweiligen Verantwortlichkeiten besprechen. Dabei können auch die gegenseitige Unterstützung und weniger dringende Aufgaben, die im Hinterkopf zu behalten sind, besprochen werden.

  • Pro Thema ein Decision Owner und eine Deadline: Eine Person entscheidet, andere liefern Input und eine Diskussionsgrundlage. Die Deadline gibt eine klare Zeitschiene vor bis wann entschieden wird und wie es danach in die Umsetzung geht.

  • Meeting-Invite mit Fokus: Formulierung einer Zielstellung und welche Entscheidung am Ende stehen soll. Außerdem der Hinweis, was für eine Vorbereitung notwendig ist.

  • Meeting-Check (Return on Time Invested): 2 Minuten am Ende einer Besprechung verwenden, um kurz zu reflektieren, ob das Meeting den Zeitaufwand wert war und was beim nächsten Mal kürzer bzw. besser gemacht werden kann.

5. Leistungsfähigkeit durch Resilienz und Regeneration

Performance braucht Pause, aber Pause allein reicht nicht, denn Resilienz entsteht auch durch Orientierung (Prioritäten und Ziele), Unterstützung (Hilfe im Team) und Selbstwahrnehmung (Frühwarnsignale und Grenzen). Wenn Belastung erst sichtbar wird, wenn es schon brennt, sinken Qualität, Zusammenarbeit und Wohlbefinden, trotz hoher Aktivität. Somit brauchen Unternehmen Strukturen, die dies berücksichtigen. Dazu gehören Vertretung, Erwartungsmanagement und Fokuszeiten.

Tipps

  • Frühwarnsignale definieren: Legt individuell und im Team fest, woran Überlast früh erkennbar ist (z. B. schlechter Schlaf, Gereiztheit, Fehlerhäufung, Daueranspannung) und was dann konkret passiert.

  • Arbeitslast sichtbar machen: Nutzt eine kurze Kapazitätsrunde (z. B. grün/gelb/rot), um zu hohe Auslastung zu erkennen und Prioritäten anzupassen oder Aufgaben zu verteilen.

  • Grenzen im Alltag konkret machen: Plant Fokuszeiten oder No-Meeting-Blöcke ein, legt realistische Reaktionszeiten fest (Chat muss nicht sofort beantwortet werden) und definiert klare Off-Zeiten.

  • Urlaubsübergabe und Vertretung: Haltet für Urlaub (und Vertretungsfälle) die drei Punkte Status, Risiken und Ansprechpartner fest. Ergänzt bei Bedarf Eskalationsstufen.

Fazit: Oft fehlt nicht das Tool, sondern abgestimmte Rahmenbedingungen in der Organisation.

Wer 2026 so gestaltet, dass AI im Workflow verankert ist, Lernen praxisnah stattfindet, Standards eine Orientierung geben, Fokus und Entscheidungen schneller möglich werden und Resilienz sowie Regeneration strukturell mitgedacht sind, stärkt nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Jenes ist die Voraussetzung dafür, dass neue Möglichkeiten ihre Wirkung entfalten.

Quellen:

  • Blume, B. D., Ford, J. K., Baldwin, T. T., & Huang, J. L. (2010). Transfer of training: A meta-analytic review. Journal of Management.

  • Chartered Institute of Personnel and Development. (2023). Productive meetings: Practice summary (Evidence review). CIPD

  • Chartered Institute of Personnel and Development. (2025). Health and wellbeing at work. CIPD.

  • European Commission. (2024). AI Act: Implementation timeline (AI Act Service Desk). European Commission.

  • Hughes, A. M., Zajac, S., Woods, A. L., & Salas, E. (2019). The role of work environment in training sustainment: A meta-analysis. Human Factors.

  • Mark, G., Gudith, D., & Klocke, U. (2008). The cost of interrupted work: More speed and stress. In Proceedings of the SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems (CHI ’08). ACM.

  • Microsoft. (2025). The 2025 Work Trend Index: The year the Frontier Firm is born. Microsoft.

  • OECD. (2019). Skills for 2030. OECD Publishing.

  • World Economic Forum. (2025). The Future of Jobs Report 2025. World Economic Forum.

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